Eigene Schwimmbahnen für Frauen? A swim for ones own …

Ich weiß nicht, geht’s nur mir so? Mich stressen die Männer in meiner Schwimmbahn. „Meine“ Schwimmbahn? Nein, leider hab ich zumeist keine eigene Schwimmbahn, wenn ich ein paar Mal pro Monat in ein Hallenbad zum Längenschwimmen gehe. (30 Minuten Kraulen und meine Welt ist wieder in Flow …) Ich hab zumeist nicht mal eine Schwimmbahn, in der ich mich wohl fühle. In der ich ohne Stress in meinem Tempo schwimmen kann. Ich bin nicht die Schnellste, aber seit ich zwei Kraulkurse absolviert habe, bin ich okay unterwegs.

Das Glück währte kurz

Doch diesmal fiel mir auf, dass es eindeutig angenehmer ist, wenn ausschließlich Frauen in der Schwimmbahn sind, auch wenn sie unterschiedliche Tempi und Profi-Grade und Altersstufen haben. Frau wich aus, ließ mich ich sein. Doch das Glück währte nur kurz, da kam ein sichtlich durchtrainierter Jungmann in „unsere“ Bahn. Schluss war’s mit der Entspannung, er überholte mich, er maßregelte mich mit seinem Blicken. Er meinte es sicher nicht böse, aber ich fühlte mich beobachtet. Ich tauchte unter die Trennschnur hinüber in die nächste Bahn, in der nur zwei statt drei Schwimmer waren. Männliche. Eine Zeitlang schwamm es sich ganz gut. Der eine sportliche ältere Herr ließ mich vor, als er am Rand pausierte, doch dann schwamm er hinter mir und kam immer näher, ich dachte, ich muss jetzt Stoff geben, damit ich ihn nicht blockiere. Da kam mir der anderer Mann, sehr breit Delphin schwimmend entgegen, ein Cornetto von einem Mann, der seine Arme wie Flügel ausbreitete, halleluja …

Damn it!

Ich war an diesem Sonntagmorgen mit der Straßenbahn den Stadthügel hinaufgegondelt, um mich hier zu entspannen, das Schwimmen und das türkisblau leuchtende und funkelnde Poolwasser (oh, wie ich das liebe!) zu genießen. Um meine Kraultechnik ein bisschen zu üben und womöglich zu verbessern. Vor allem aber war ich hier, um meinen Kopf zu entleeren, die to do’s zu vergessen und mein Herz zu entkrampfen. Doch plötzlich waren drei Männer in der Bahn, die alle zeigen wollten, wie supersportlich sie waren. Ich musste darüber nachdenken, wie ich mich verhalten sollte. Ich wollte aber nicht denken. Und ich fühlte mich plötzlich unsportlich, zu langsam und zu dick. Ach nein! Ich schlüpfte nochmals durch eine Trennschnur, nun hinaus ins offene Becken. .

Raus ins Freie?

Sieh an, da waren etliche andere LängenschwimmerInnen, fast ausschließlich Frauen. Wir wichen uns unmerklich aus, wir passten uns aneinander an, ich spürte Wohlwollen und das Gefühl, dass jede ganz für sich da war. So alt, so dick, so langsam wie sie eben ist. Jetzt konnte ich endlich für mich schwimmen, kraulen, brustschwimmen, den Unterwasserblick genießen, während ich abtauchte. Da dachte ich plötzlich:

Wir Frauen brauchen nicht nur ein eigenes Zimmer, „a room of ones own“, wie Virginia Woolf forderte. Sondern auch eine Frauenschwimmbahn! So wie es auch „Damenabteile“ im Liegewagen gibt. Und Damengarderoben.

Männerbahnen

Als ich mich zufrieden geschwommen hatte und mich aus dem Pool hinaushievte, sah ich, dass in der ersten Schwimmbahn nun (wieder) ausschließlich Frauen schwammen. Dem stolzen Hecht waren die Frauen womöglich zu langsam, er wollte sich lieber mit dem Cornetto-Delphin messen. Soll er.
Im offenen Becken, wo ich die letzten zehn Minuten entspannt meine Längen geschwommen bin, schwammen auch ein paar Männer, die entsprechend langsamer schwammen. Und Kinder, die kreuz und quer schwammen. Also, doch bitte eine eigene Bahn, eine No-Stress-Bahn für Frauen. Und Alliierte?

PS: Nein, ich glaube nicht, dass Frauen untereinander konkurrenzfrei sind. Angeblich vergleichen sich Frauen z.B. beim Gehen durch die Stadt pausenlos mit anderen, was Körpermaße betrifft.

Blöde Selbstoptimierungsgesellschaft, würde Stephanie Sargnagel sagen.

2 Kommentare

  1. A swim for one’s one? Was für eine wunderbare Idee!

    Liebe Judith,
    habe eben Deinen Blog das erste Mal besucht.
    Und zuerst einmal will ich herzlich gratulieren zu allen bisherigen Beiträgen (habe sie verschlungen!)

    Was diesen Beitrag betrifft: Er zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht. Nie hätte ich gewagt, das, was Du hier so treffend beschrieben hast, öffentlich oder irgendwo sonst zu äußern . Ich dachte, das Problem kenne nur ich … und ich sei halt zu „empfindlich“.

    Deshalb vielen Dank fürs Schreiben, Erzählen, Teilen. Weil das wirklich ermutigend ist!

    Auf viele gute neue Blogbeiträge und erfrischende Schwimmzüge!
    Bettina

  2. Liebe Judith, ich kann dir nur zustimmen und „freue“ mich, dass auch andere solche Beobachtungen machen. Ich überlege schon seit langem ob ich mal über joggende Männer schreiben soll. Die sind laut, schnaufen und keuchen als gäbe es kein Morgen und als wären sie alleine auf der Welt, überholen mich super knapp ohne gebührenden Abstand, haben einen selbstgefälligen Laufstil und gehen nicht aus dem Weg, kommen sie einem entgegen. Frauen grüßen nett, laufen ohne zu schnaufen (ja, das geht!) und nehmen in jeder Hinsicht Rücksicht auf andere. Das stelle ich jetzt mal so pauschal in den Raum, wissend, dass es natürlich seltene Ausnahmen gibt. Anmerken möchte ich noch, dass Rücksichtnahme NICHTS mit mangelndem Selbstbewusstsein zu tun hat, eher umgekehrt wie es aussieht. Grüße!

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